Kreuzkapelle in Bad Saulgau

Ein Wunder in dieser Kapelle soll die Stadt 1634 im Dreißigjährigen Krieg gerettet haben

Die Kreuzkapelle wurde 1450 als Stiftung erbaut, nach 1634 wurde sie auch „Schwedenkapelle” genannt wegen der Legende über die Errettung der Stadt von der Belagerung durch schwedische Soldaten im Dreißigjährigen Krieg 1634: Soldaten sollen damals ein Kreuz (nicht unbedingt das heute vorhandene) aus der Kapelle geschleppt haben, um es zu verbrennen. Es sei aber plötzlich strahlend hell an der Kapellenwand gestanden, sodass die Schweden vor Entsetzen Reißaus nahmen. Eine Dankprozession der Bürgerschaft zur Kapelle fand daraufhin statt. Die Legende hat sicher einen wahren Kern – wie viele Legenden, den Menschen von damals war die Errettung von der schwedischen Soldateska als erfahrbarer Beistand Gottes erschienen.

Die Kapelle hieß „zum unteren Bild”, sie war bescheiden und mag ausgesehen haben wie die Kapelle Wilfertsweiler. Veränderungen gab es an der Ostseite, wo zuerst eine Klausur als „Mesnerhäusle“, später die heutige Sakristei mit Ölbergnische angebaut wurden. Die heutige Vorhalle der Kapelle mit dem Eingang wurde 1869 angebaut. Nach weiterem Umbau erhielt sie ihre heutige äußere Gestalt 1930. Die heutige Ausstattung erfolgte in ihren Grundzügen 1734 zum 100. Jubiläum des „Kreuzwunders“: den Altar und die Legendenbilder schuf der Saulgauer Maler Kohler, wohl auch den Hintergrund des Kreuzes. Unbekannt dagegen ist der Bildhauer der Putten über den Altarsäulen, der Assistenzfiguren beim Kreuz und der Engelsfiguren über den Legendenbildern.

Das bedeutendste Kunstwerk der Stadt ist in der Kapelle: Das romanische Großkreuz, einziges noch vorhandenes in Oberschwaben, aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts, entstanden im Kulturkreis Bodensee-Reichenau, lombardisch beeinflusst. Es befand sich ursprünglich in der Pfarrkirche St. Johannes. Restauriert wurde das Kreuz vom Landesmuseum Stuttgart in der Kreuzkapelle im Jahr 1995. Christus hatte wohl ursprünglich eine Metallkrone, in der Gotik wurde ihm eine Dornenkrone aufgesetzt und die Seitenwunde angebracht.

Das romanische Großkreuz (1. Hälfte 12. Jahrhundert) im Barockaltar

Dieses Kreuz war populär und genoss große Verehrung. Nachdem die Kapelle 1789 in der Zeit der josephinischen Reformen auf Abbruch versteigert werden sollte, „brachte man das große Kruzifix ohne Aufsehen in die Pfarrkirche, es fand einen Platz im rechten Seitenschiff, also auf der Seite der Kirche, die den Männern vorbehalten war. Die religiöse Verehrung äußerte sich so, dass der Stadtpfarrer sie für anstößig hielt: Die Frauen brachen ein Tabu und gingen für ihre private Andacht vor dem gekreuzigten Heiland auf die Männerseite, ließen sich auch durch Rüge und Ermahnung nicht davon abhalten. Sicher trug diese Aufmüpfigkeit dazu bei, dass sich einige Bürger mit Bärenwirt Joseph Ölhaf an der Spitze, später Bürgermeister, für die Erhaltung der Kreuzkapelle einsetzten. Diese Bürgerinitiative wollte auch für Erhaltung und Betrieb der Kapelle aufkommen. Die Bürger hatten Erfolg, 1791 wurde die Rückführung des Kreuzes in seine Kapelle genehmigt, nicht zuletzt, weil die Saulgauer Bürgerschaft 1790 am Rande einer offenen Rebellion stand, weil die Regierung einen 1790 gewählten Bürgermeister nicht bestätigen wollte. In Frankreich war ja inzwischen eine Revolution ausgebrochen. Die Rückführung des Kreuzes war ein Sieg über die kirchenpolitischen Ideen der Staatsmacht und der Amtskirche. Ziviler Ungehorsam der Frauen gab den Anstoß, Kirche von unten … rettete die Kreukapelle, unterstützt von weltpolitischen Ereignissen in Paris! (Dr. Ewald Gruber)

Rechts im vorderen Teil ein Bild der 14 Nothelfer (19. Jahrhundert). Im hinteren Teil ist der „Kreuzweg der Versöhnung“ von HAP Grieshaber zu sehen, entstanden 1964. Grieshaber hatte sich selbst gewünscht, dass gegenüber dem romanischen Kreuz sein „Kreuzweg der Versöhnung“ aufgehängt werde. Die Holzstöcke dieses Kreuzweges sind in der Schlosskirche Bruchsal.

Seit Generationen versieht die Familie Platz/Drescher den Dienst des „Kapellenpflegers“.

(Autor: Hugo Birkhofer, Bad Saulgau)

Darstellung des heiligen Wendelin, 18. Jahrhundert